Impuls vom 29.10.2024
Gedenken
"Unvergessen", sagen wir. Das ist ein großes Wort. Wir wissen nur zu gut, was von unserem Gedächtnis zu halten ist, wie vergesslich wir sind, je älter wir werden. Die Namen fallen uns nicht mehr ein, die Erinnerung verblasst. Wenn die Toten wirklich nur in unserem Gedächtnis und von unserer Erinnerung lebten, wären sie arm dran. Gott spricht: "ich habe dich beim Namen gerufen; du gehörst mir!" (Jes 43,1). In Jesu Namen hat Gott die Namen unserer Toten nicht vergessen, er hält sie in seinem Gedächtnis lebendig, nicht nur etwas von ihnen, nicht nur ihr Wollen, ihre Ideale, nicht nur das, was sie geleistet haben, sondern sie selbst. Gott verbürgt, dass ihr Leben nicht in einem anonymen Fortschrittsprozess untergeht, sondern bleibt.
Darum verbinden wir unser Totengedächtnis mit der Gedächtnisfeier Christi, mit der Eucharistie. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Einsicht gewachsen, dass wir dieses Mahl nicht als Einzelne feiern, sondern miteinander und füreinander. Dieser soziale Sinn der Eucharistie endet nicht bei den Lebenden. Die vielbeschworene Solidarität wäre nur halb gewonnen, wenn sie vor den Toten Halt machte. Darin bewährt der Glaube in der Feier der Eucharistie seine soziale Kraft, dass er die Toten beim Namen nennt und im Gedächtnis bewahrt. "Herr, gedenke derer, die uns im Zeichen des Glaubens vorangegangen sind; gedenke aller, um deren Glauben niemand weiß als du." Das wird die Kirche auch dann noch beten, wenn wir alle längst zu den Toten gehören."
(Franz Kamphaus, verstorben am 28. Oktober 2024)