Bericht/Chronik vom 17.10.2023
Kindergarten St. Franziskus wird \"Kneipp-Kindergarten\"
Mit „Tautreten“ morgens um 8.00 Uhr beginnen seit Montag vergangener Woche die Kleinen ihren Tag im Mühlhausener Kindergarten. In den folgenden zwei Jahren sind sie Teil der „Kneipp-Kita Studie Bayern“ der Universitäts-Klinik Regensburg.
Es begann mit einem Anruf der Projektleitung im Frühjahr 2023 auf der Suche nach Kindergärten, die an einer „Kneipp-Studie“ teilnehmen wollen. Am Berliner Klinikum Charite wurde das Konzept entwickelt und soll mit finanzieller Unterstützung des bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und in Kooperation mit dem Kneipp-Bund e.V. durchgeführt werden.
In einem Vergleich der gesundheitlichen Entwicklung in Kitas mit und ohne Kneipp-Gesundheitskonzept soll in den nächsten zwei Jahren der Einfluss auf den Gesundheitsstatus, auf das Gesundheitsbewusstsein und -verhalten von Kindern, Eltern, Erzieherinnen und der Familiengesundheit ermittelt werden.
Das Kindergarten-Team um Viktoria Wolter war sofort „Feuer und Flamme“ und nach den durchwegs positiven Rückmeldungen der Eltern wurde die Bewerbung mit einer kurzen Darstellung der aktuellen Kindergarten-Konzeption abgeschickt. Dieses hatte die Projektleitung am Uniklinikum überzeugt und bei der anschließenden Verlosung zog der Kindergarten St. Franziskus „das große Los“.
Zunächst wurden alle Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen im Seminar „Kneipp-Gesundheit für Kinder“ von der „Sebastian-Kneipp-Akademie“ zu „Kneipp-Gesundheitsreferentinnen für Kinder“ weitergebildet. In vier Tagen lernten sie Umsetzungsbeispiele für die Kneipp-Gesundheits-Elemente Wasser, Bewegung, Ernährung, Heilpflanzen und Lebensordnung in Theorie und Praxis kennen.
Bei einem Elternabend gab die Dozentin Frau Marlene Groitl von der Sebastian-Kneipp-Akademie hierzu konkrete Beispiele und Anregungen. Bei den Wasseranwendungen sollen durch Abhärtungsübungen der Organismus gezielt „gereizt“ werden, wie z.B. mit einem Armbad. Bewegung ist „Grundlage für Gehirnreifung, Persönlichkeitsentwicklung und Intelligenz. Bei der Ernährung sollen die Kinder eine Ernährungskompetenz entwickeln, die geprägt ist von dem Appell „Lasst das Natürliche so natürlich wie möglich“. Beim Sammeln und der Anwendung von Heilpflanzen erleben die Kinder die vielfältigsten Sinneswahrnehmungen. Mit Ritualen, feste Strukturen, feste Regeln, festen Abläufen soll die „Lebensordnung“ und damit ein positives Selbstwertgefühl geschaffen werden. All das zusammen führt zu mehr Achtsamkeit, Verantwortungsbewusstsein, Einfühlungsvermögen, Bescheidenheit, Behutsamkeit und Aufrichtigkeit bei den jungen Kneippianern.
Von 300 möglichen Kneipp-Anwendungen werden im Kindergarten St. Franziskus das Barfußgehen, Trockenbürsten, Gesichtsguss, Oberkörperwaschung, Wassertreten, Tautreten, Schneegehen, Armbad und Knieguss umgesetzt.
Wir werden die Rituale langsam nacheinander einüben und die Teilnahme der Kinder ist immer freiwillig, so Gruppenleiterin Tanja Mutke. „Der Wochen- und Monatsplan wird auf die Kneipp-Elemente ausgerichtet. Die bereits vorhandenen Gewohnheiten werden verstärkt und bestimmte Schwerpunkte gesetzt“ so die Leiterin Viktoria Wolter.
Im ersten Jahr werden die Abläufe im Alltag angepasst und ab September 2024 wird es ernst. 22 Kinder werden gezielt beobachtet und viele Fragen werden zu deren Entwicklung von den Erzieherinnen und den Eltern zu beantworten sein.
Seit vergangener Woche beginnt der Kiga-Tag mit dem „Tautreten“ als erste Kneipp-Anwendung. „Bitte alle die Socken ausziehen und die Hose hochkrempeln“ forderte Gruppenleiterin Viktoria Wolter die „Igel“-Kinder auf. Die Kinder lernen dies selbständig zu tun. Nach kurzem Warmtrampeln der Füße ging es barfuß im Gänsemarsch durch die Turnhalle über die mit Tüchern ausgelegte Marmortreppe in den feuchten, kühlen Rasen im Garten. Es machte ihnen sichtlich Spaß, schnell über das feuchte Gras zu laufen, um den Apfelbaum herum und wieder zurück in das warme Gebäude. Ganz mutige liefen eine zweite Runde. Vereinzelt war auch ein mehrmaliges „Au“ und „kalt“ zu hören. In der Turnhalle wurden bei lustigen Laufspielen die Füße wieder „warmgelaufen“. Zurück im Gruppenraum wischten die Kinder mit einem Minihandtuch ihre Füße trocken, massierten sie, damit sie warm wurden und zogen warme „Kuschelsocken“ an.
Nach einer kurzen Meditation starten die Kinder „frisch und total entspannt“ im Morgenkreis in einen neuen Kindergarten-Tag.
Erste Nachfragen bei den Eltern ergaben nur positive Rückmeldungen, wie z.B. „Alexander geht jetzt sogar lieber in den Kindergarten, auch wenn das Tautreten a bisserl kalt ist“.
Nach zwei Jahren wird die Umsetzung der Anforderungen durch den Kneipp Bund e.V. geprüft und bei erfolgreicher Bewertung der Kindergarten St. Franziskus als einziger „Kneipp-Kindergarten“ im Landkreis Kelheim zertifiziert, einer von rund 450 Kitas im Bundesgebiet.
Eingestellt von: Josef Kastl